Wo: Goldhafen
Wann: Spätherbst 1324
Wer: Alhina saba Yezemin Curovan Laila al Nassora Miray Shelo Thorge Olsson Umar al Haniqis
An Bord der Dhau
„Allisawah“, flussaufwärts von Goldhafen, in Sichtweite der Stadt
Das kleine Schiff glitt langsam in der Morgendämmerung den Mutterstrom hinab, die Segel halb gerefft. Die Naihlar am Ruder behielt wachsam das geschäftige Treiben auf dem Fluss im Blick, ein Schwarm aus Fischerbooten und schmalen Frachtkähnen, durch den sie die Allisawah gelassen hindurch fädelte.
Curovan stand auf der Bordwand neben ihr, eine Hand in der Takelage, eine seine Augen von der aufgehenden Sonne schützend, die ihm den Blick auf die Hafenmauern steuerbord voraus streitig machen wollte.
„Ein knappes Glas noch“, sagte die Naihlar.
Er nickte. Sein Blick schweifte über das Vorschiff. Miray lag eingerollt auf einer Seekiste, eine Position, die sie in den letzten Tagen nur selten verlassen hatte. Am Bug, nahe der Ankerkette, stand Colin, der den Fluss und das Ufer kritisch beäugte, als lauerte hinter jeder Welle und jedem Hügel ein Attentäter des Zirkels. Der junge Wächter hatte sich als überraschend guter und nützlicher Seemann herausgestellt, zu seinem Glück, sonst hätte Curovan ihm und seinem naiven Pflichtbewusstsein längst eine Lektion erteilt.
Eine sanfte Lektion natürlich.
Unter Deck konnte er leise Stimmen hören, die beiden oronischen Frauen im Gespräch mit Shelo, ohne Zweifel ein Gespräch, dessen er gerne Zeuge gewesen wäre.
Curovan lächelte, dann verengte sich sein Blick und wurde erst ernst und dann anerkennend, als er erneut über die Hafenmauern glitt. Er schaute nach oben. Die Banner des Reichs der Rosen, des Lehens Shaekara und das der Grauen Seelen flatterten gut sichtbar im Wind.
„Pass auf, dass du dich an die Fahrrinne hältst, wenn du sie reinbringst“, sagte er beiläufig.
Die Naihlar rollte mit den Augen. „Ich mache das nicht das erste Mal.“
Er warf ihr einen strengen Blick zu. Lavi neigte dazu, die Dhau als ihr persönliches Lehen zu erachten, und ließ sich nur ungerne daran erinnern, wem sie gehörte.
Außerdem war sie hochgradig unempfindlich gegenüber strengen Blicken.
„Rechne einfach mit einem gewissen Maß an gesunder Paranoia“, fügte er hinzu, eine Erklärung, die wie so oft keine war. „Ich sage den anderen Bescheid, dass wir einlaufen.“